Was ist „grober Undank“?

Eine Schenkung, die man bereut, rückgängig machen! Dieser Wunsch von Mandanten aus der Elterngeneration tritt in meiner Beratungspraxis immer wieder auf. Der Standardfall: Eltern übertragen ein Anwesen auf ihr Kind, später kommt es zu Spannungen zwischen den Eltern und dem Kind (oder Schwiegerkind). Die Eltern würden gerne alles rückgängig machen. Die Rede ist von „grobem Undank“. Doch wann kann man die Schenkung wegen „groben Undanks“ zurückfordern? Die rechtlichen Hürden sind hoch.

Das Gesetz unterstellt, dass der Beschenkte dem Schenker grundsätzlich Dank schuldet. Eine Schenkung kann daher widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht. So steht es in § 530 BGB. Doch wann ist eine solche schwere Verfehlung gegeben. Um es vorwegzunehmen: nur in wenigen Fällen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen tatsächlich vor. Es obliegt zudem im Einzelfall dem jeweiligen Richter zu entscheiden, ob grober Undank in der konkreten Situation vorliegt.

Aktuell hatte der BGH einen Fall zu entscheiden, bei dem Folgendes 12 Jahre nach der Schenkung vorgefallen war: Der beschenkte Sohn hat den Vater nach einem verbalen Streit vor die Brust gestoßen, so dass dieser umgefallen war. Anschließend hat der Sohn den Vater in den Schwitzkasten genommen. Selbst wenn unterstellt werde, dass auch Vater durch sein eigenes, ggf. provozierendes und uneinsichtiges Verhalten zur Eskalation der Auseinandersetzung beigetragen habe, sei mit dem Angriff des Sohns gegen seinen Vater das Maß des Hinnehmbaren deutlich überschritten worden. Der BGH gab der Klage der Eltern gegen den Sohn auf Rückforderung der Schenkung wegen groben Undanks statt (BGH, Urt. v. 22.10.2019 – X ZR 48/17). 

Beispiele

Doch muss es immer zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sein? Nicht zwingend: eine Bedrohung des Lebens, körperliche Misshandlungen oder schwere Beleidigungen können eine schwere Verfehlung darstellen, aber auch der wahrheitswidrige Vorwurf sexuellen Missbrauchs oder ein grundloser Antrag auf Entmündigung, Pflegschaft oder Betreuung des Schenkers. Die Nichterfüllung versprochener Rentenzahlungen bedeutet grober Undank, wenn der Beschenkte die Leistung trotz wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht erbringt. Der Beschenkte darf den demenz kranken Schenker nicht gegen dessen Willen in eine bestimmte Einrichtung einweisen.

Die Verfehlung kann sich in einer einzelnen Handlung oder einer Handlungsmehrheit, wobei auch frühere Fälle zu würdigen sind, äußern. Eine Vielzahl kleiner Verfehlungen kann also in der Summe ausreichen, groben Undank anzunehmen. 

Beweislast liegt beim Schenker

Allerdings muss man sehen, dass der Schenker im Prozess die Beweislast für das vermeintlich grob undankbare Verhalten des Beschenkten trifft. Naturgemäß sieht der Beschenkte das ganz anders. Dies kann im gerichtlichen Verfahren Zeugenvernehmungen von Personen aus dem engsten Familien- und Freundeskreis notwendig machen, die damit wohl oder übel in den Rechtsstreit hineingezogen werden. Am Ende kann die gesamte familiäre Struktur und der gemeinsame Bekannten- und Freundeskreis durch den Rechtsstreit gesprengt werden.

Viele meiner Mandanten haben von der (wohl berechtigten) Durchsetzung ihrer Ansprüche aus genau diesen Gründen abgesehen. Der Schaden für das gesamte familiäre Umfeld wäre zu groß gewesen. Es gilt der Grundsatz: Recht haben und Recht bekommen ist nicht das Gleiche!

Lösungsansätze

Was kann man also im Vorfeld tun? Der Schenker kann sich ein freies Widerrufsrecht bei der Schenkung vertraglich einräumen lassen. Dann kann er jederzeit die Schenkung rückgängig machen. Ob sich dann jedoch der Beschenkte darauf einlässt, jederzeit das Geschenk zurückgeben zu müssen? Was ist, wenn der Beschenkte z.B. plant, umfangreich in das übertragene Anwesen zu investieren und über ihm das Damoklesschwert der Rückübertragung schwebt? Was ist, wenn der Schenker plötzlich von Dritten beeinflusst wird, die Schenkung rückgängig zu machen, weil diese sich davon Vorteile versprechen.

Zumal bei der Schenkung selbst die Welt ja in der Regel noch in Ordnung ist. Die Bedenken und Hinweise des anwaltlichen Beraters werden mit leichter Hand weggewischt: „Bei uns kommt sowas ja nicht vor!“. Ehrlich: wer kann keine Geschichte aus dem Nichts aufgetretener familiärer Verwerfungen im näheren Umfeld erzählen? Warum soll gerade Ihre Familie vor solchen Katastrophen verschont bleiben?

Die größten Fehler werden also bei der Schenkung selbst gemacht. Lassen Sie sich daher vor der Schenkung über die Vielzahl der Gestaltungsmöglichkeiten beraten.