Fataler Fehler bei Vorsorgevollmachten

Dabei hat man es nur gut gemeint! Man kümmert sich um eine andere hilfsbedürftige Person, beispielsweise ein Elternteil, welches einem genau für diesen Zweck eine Generalvollmacht, Vorsorgevollmacht oder Bankvollmacht erteilt hat. Nach dem Tod der Person stehen plötzlich dessen Erben, beispielsweise die eigenen Geschwister, auf der Matte und verlangen Rechenschaft für sämtliche Rechtsgeschäfte, die man in guter Absicht mittels der Vollmacht getätigt hat. Wenn man keine Belege oder Quittungen aufgehoben hat, steht man im Regen. Wie viele meiner Mandanten haben schon zu mir gesagt: „Hätte ich gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich niemals von der Vollmacht Gebrauch gemacht“? Keine Angst: Es gibt Lösungen!

Viele der von mir betreuten Erbstreitigkeiten sind auf fehlerhaft formulierte Vorsorgevollmachten, auch notarielle, zurückzuführen. Um eine gerichtliche Betreuung zu verhindern, kann man einem anderen Menschen in guten Zeiten bevollmächtigen, alles was notwendig ist, zu erledigen, wenn man selbst krank, gebrechlich oder entscheidungsunfähig wird. Diese Konstellationen sind regelmäßig im Verhältnis von Eltern als Vollmachtgeber und einem Kind oder mehreren Kindern als Vollmachtnehmern anzutreffen.

Rechtliches Auftragsverhältnis mit Auskunfts- und Rechnungslegungspflichten

Allerdings darf man nicht übersehen, dass durch eine solche Vollmacht regelmäßig ein rechtliches Auftragsverhältnis zwischen dem Elternteil und dem bevollmächtigten Kind entsteht. Das BGB sieht in einem Auftragsverhältnis Auskunfts- und Rechnungslegungspflichten des Bevollmächtigten vor. Auch wenn der (kranke) Elternteil sich um die Geltendmachung einer solchen Auskunft nie gekümmert hat, gehen mit dem Tod des Elternteils dessen Rechte auf die Erben, nicht selten alle Kinder, also auch diejenigen, die nicht bevollmächtigt waren, über. Meist stellen dann die Erben fest, dass das vorhandene Vermögen nicht den Erwartungen entspricht. Sie verlangen Rechenschaft von dem Bevollmächtigten über die Verwendung des Vermögens zu Lebzeiten des Elternteils, obwohl dieses eine solche Auskunft oder Rechenschaft aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses nie verlangt hat.

Die Rechtsprechung spricht den Erben in den meisten Fällen ein solches Recht auf Rechnungslegung zu. Wenn man nicht nachweisen kann, wofür man beispielsweise vom Konto abgehobene Barbeträge verwendet hat, ist man verpflichtet, diese Beträge wieder an die Erben herauszugeben, obwohl selbst nie etwas davon hatte!

Pflicht auch bei besonderem persönlichen Vertrauensverhältnis

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat in einem Beschluss vom 12. April 2019 (3 U 39/18) gerade erst wieder entschieden, dass auch ein besonderes persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, wie im Verhältnis von Eltern zu einem Kind, nicht grundsätzlich gegen einen Auftrag im rechtlichen Sinne mit den einhergehenden Pflichten des Bevollmächtigten spricht. Wenn ein Familienangehöriger Geldgeschäfte für einen anderen Familienangehörigen erledigt – im Rahmen einer Vorsorgevollmacht oder auch im Rahmen eines Einzelauftrags –, wird man im Regelfall von einem Auftrag mit rechtlichen Verpflichtungen ausgehen müssen, so dass Brandenburgische Oberlandesgericht.

Am ehesten annimmt die Rechtsprechung ein Gefälligkeitsverhältnis ohne rechtliche Verpflichtungen unter Ehegatten an. Aber auch das ist nicht zwingend.

Wie kann man Auskunftspflichten ausschließen?

Der Fehler, der zu diesen misslichen Ergebnissen führt, geschieht regelmäßig bereits bei der Erstellung der Vollmacht, leider auch bei notariellen Vollmachten. Der Vollmachtgeber kann in der Vollmacht neblig niederlegen, dass der Vollmachtnehmer von den gesetzlichen Auskunfts-und Rechenschaftspflichten befreit ist. An den Ausschluss der Auskunftspflichten sind dann später auch die Erben des Elternteils, also die Geschwister des Bevollmächtigten, gebunden. Das bevollmächtigte Kind hat die Sicherheit, dass es niemandem Rechenschaft ablegen muss.

Allerdings birgt eine solche Regelung auch Gefahren. Wenn das bevollmächtigte Kind weiß, dass es nach dem Tod nicht kontrolliert werden kann, ist die Versuchung groß, mit der Vollmacht Rechtsgeschäfte im eigenen Interesse und nicht im Interesse des zu betreuenden Elternteils zu tätigen.

Die beste Lösung ist, wenn in der Vollmacht ausdrücklich angesprochen wird, ob der Vollmachtnehmer von den Auskunftspflichten befreit ist oder eben nicht. Wenn er von den Pflichten nicht befreit ist, kann er sich bei der Übernahme der Vollmacht überlegen, ob er bereit ist, sich dem Risiko auszusetzen. Mindestens weiß er jedoch, dass er sich an den Elternteil übergebene Barbeträge quittieren lassen muss oder eben Belege und Überweisungen für den späteren Fall vorhalten muss.

Auf jeden Fall müssten sich Vollmachtgeber bei der Erstellung der Vollmacht über diesen Punkt Gedanken machen, bevor nach dem Erbfall das böse Erwachen bei dem bevollmächtigten Kind kommt.