Wohnte der Verstorbene in einer Mietwohnung, stellt sich für die Erben oder Hinterbliebenen die Frage, welche Auswirkungen der Erbfall auf den Mietvertrag hat. Grundsätzlich gilt: Der Mietvertrag endet nicht automatisch mit dem Tod des Mieters. Stattdessen gibt es klare gesetzliche Regelungen, die bestimmen, wer in den Mietvertrag eintritt oder wie eine Kündigung erfolgen kann.
In diesem Artikel erfahren Sie, welche Rechte und Pflichten Erben, Ehepartner und Kinder haben und wie sich Vermieter verhalten sollten, um finanzielle Risiken zu vermeiden.
Automatischer Eintritt des Erben in den Mietvertrag
Nach § 1922 BGB geht mit dem Tod des Mieters dessen gesamtes Vermögen – und damit auch der Mietvertrag – auf die Erben über. Der Erbe tritt also automatisch in den bestehenden Mietvertrag ein. Das bedeutet:
• Der Erbe wird neuer Mieter und darf die Wohnung weiterhin nutzen.
• Gleichzeitig übernimmt er alle vertraglichen Pflichten, darunter auch die Mietzahlung.
• Auch bestehende Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis, wie Mietrückstände oder Renovierungspflichten, gehen auf den Erben über.
In vielen Fällen haben die Erben jedoch kein Interesse daran, die Wohnung zu übernehmen, insbesondere wenn sie selbst nicht dort gewohnt haben. Um zu verhindern, dass sie unnötig Miete zahlen müssen, sieht das Gesetz eine Sonderkündigungsfrist von einem Monat vor.
Sonderkündigungsrecht für Erben und Vermieter
Sowohl der Erbe als auch der Vermieter haben das Recht, den Mietvertrag innerhalb eines Monats ab Kenntnis des Erbfalls zu kündigen (§ 564 BGB).
• Erfolgt die Kündigung fristgerecht, endet das Mietverhältnis zum Ablauf des übernächsten Monats (Kündigungsfrist: der nächste dritte Werktag eines Monats für das Ende des übernächsten Monats, § 573d Abs. 2 BGB).
• Ein besonderer Kündigungsgrund muss nicht angegeben werden.
Wichtig: Diese Kündigungsfrist beginnt erst, wenn der Erbe oder Vermieter nachweislich Kenntnis vom Tod des Mieters erlangt hat. Das bedeutet, dass beide Parteien schnell handeln und Nachforschungen anstellen sollten.
Wie erfährt der Vermieter, wer Erbe ist?
Nicht immer ist sofort klar, wer Erbe des verstorbenen Mieters ist. In solchen Fällen hat der Vermieter mehrere Möglichkeiten, sich zu informieren:
• Einsicht in die Nachlassakte beim Nachlassgericht: Der Vermieter kann unter Vorlage des Mietvertrags beim zuständigen Nachlassgericht nachfragen.
• Einsetzung eines Nachlasspflegers: Falls keine Informationen über die Erben verfügbar sind, kann der Vermieter einen Nachlasspfleger beantragen, der den Nachlass bis zur Klärung verwaltet.
Sobald der Erbe oder der Nachlasspfleger bekannt ist, kann die Kündigung rechtswirksam an die richtige Person zugestellt werden.
Kündigungsregeln bei mehreren Erben
Wird der verstorbene Mieter von mehreren Personen beerbt, so entsteht eine Erbengemeinschaft. In diesem Fall gelten besondere Kündigungsregeln:
• Die Erben können den Mietvertrag nur gemeinsam kündigen.
• Ein einzelner Erbe kann jedoch von den übrigen Erben zur Kündigung bevollmächtigt werden.
• Der Vermieter muss eine Kündigung an alle Erben richten.
Werden diese Formalitäten nicht beachtet, ist die Kündigung unwirksam, und das Mietverhältnis besteht weiterhin.
Sonderregelungen für Ehepartner und Kinder des Mieters
Eine besondere gesetzliche Regelung gilt für den Fall, dass der verstorbene Mieter mit seinem Ehepartner oder seinen Kindern in der Mietwohnung gelebt hat. In diesem Fall tritt der überlebende Ehepartner oder die Kinder automatisch in den Mietvertrag ein (§ 563 BGB).
• War der Mietvertrag nur auf einen Ehepartner abgeschlossen, tritt der überlebende Ehepartner als neuer Mieter in den Vertrag ein.
• Waren keine Ehepartner vorhanden, treten die Kinder in das Mietverhältnis ein.
Diese Regelung schützt den Lebensmittelpunkt der Familie und verhindert, dass Ehepartner oder Kinder aufgrund des Erbfalls ihre Wohnung verlieren.
Kein Sonderkündigungsrecht für den Vermieter
Der Vermieter kann in diesem Fall den Mietvertrag nicht wegen des Erbfalls kündigen. Er muss die gesetzlichen Kündigungsfristen und -gründe einhalten, wie bei jedem anderen Mietverhältnis auch.
Ablehnung des Eintritts in den Mietvertrag
Haben der überlebende Ehepartner oder die Kinder kein Interesse, den Mietvertrag zu übernehmen, müssen sie dies innerhalb eines Monats nach Kenntnis vom Tod des Mieters dem Vermieter mitteilen (§ 563 Abs. 3 BGB).
• Der Eintritt in den Mietvertrag gilt dann als nicht erfolgt.
• Die Ehepartner oder Kinder müssen keine Miete zahlen.
• Der Vermieter kann das Mietverhältnis stattdessen gegenüber den Erben kündigen, muss dies aber wiederum innerhalb eines Monats nach der Ablehnung des Eintritts tun.
Fazit: Was Erben und Vermieter im Erbfall beachten müssen
• Der Mietvertrag endet nicht automatisch mit dem Tod des Mieters.
• Der Erbe tritt automatisch in das Mietverhältnis ein, kann dieses aber innerhalb eines Monats kündigen.
• Auch der Vermieter hat ein Sonderkündigungsrecht, das innerhalb eines Monats ab Kenntnis vom Erbfall ausgeübt werden muss.
• Ehepartner und Kinder, die mit dem Verstorbenen zusammenlebten, treten automatisch in den Mietvertrag ein, können diesen aber ebenfalls innerhalb eines Monats ablehnen.
• Der Vermieter kann sich beim Nachlassgericht oder über einen Nachlasspfleger informieren, wer Erbe ist.
• Bei mehreren Erben muss die Kündigung gemeinsam erfolgen bzw. sich gegen alle Erben richten.
Erben und Vermieter sollten im Erbfall schnell handeln, um finanzielle und rechtliche Risiken zu vermeiden. Lassen Sie sich im Zweifel von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten, um Ihre Rechte und Pflichten sicher zu klären.
Haben Sie Fragen zur Erbschaft oder zur Kündigung eines Mietvertrags im Erbfall? Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung!