Auf ein Neues: Erbschaftsteuer verfassungswidrig ?

Zum dritten Mal nach 1995 und 2006 hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft-und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu prüfen. Bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichts ist zu empfehlen, gegen zwischenzeitlich ergehende Erbschaft bzw. Schenkungsteuerbescheide Einspruch einzulegen.

Im Jahr 2009 wurde bekanntlich die Erbschaftsteuer reformiert. Vorausgegangen war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2006, in dem festgestellt wurde, dass das bis dahin geltende Erbschaftssteuerrecht wegen der unterschiedlichen Bewertung von Grundvermögen und sonstigem Vermögen gegen den Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt. Der Gesetzgeber hat daraufhin ein neues Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) verabschiedet, das möglicherweise jedoch auch wieder verfassungswidrig ist.

Der Bundesfinanzhof (BFH) als höchstes deutsches Gericht in Steuerangelegenheiten  hat jedenfalls dem Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 27.09.2012      (Az: II R 9/11, zuvor FG Düsseldorf vom 12.01.2011 4 K 2574/10) die Frage vorgelegt, ob es nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt, im Nachlass befindliches betriebliches Vermögen unter Umständen völlig steuerfrei zu belassen, während privat gebundenes Nachlassvermögen in der Regel nicht vollständig von der Erbschaftsteuer befreit werden kann.

Es geht um Folgendes:

Durch die Erbschaftsteuerreform im Jahr 2009 wurde die Möglichkeit geschaffen, im Nachlass befindliches betriebliches Vermögen bis zu 100 % von der Erbschaftsteuer zu befreien, wenn das Unternehmen fortgeführt wird und u.a. für die Dauer von sieben Jahren die durchschnittliche Lohnsumme aller beschäftigten Mitarbeiter weitgehend unverändert bleibt, also der „alte“ Betrieb des Verstorbenen in der bestehenden Form unter Erhaltung der Arbeitsplätze weiterbesteht. Dadurch wurde die Möglichkeit geschaffen auch Bankguthaben oder Bargeld steuerfrei zu vererben.  Man muss nur beispielsweise Bargeld in ein Unternehmen einbringen, wodurch es zu betrieblichem Vermögen und dadurch vollständig von der Erbschaftsteuer befreit wird.

Im Gegenzug wird jedoch nach dem ErbStG Bargeld im privaten Bereich im Erbfall in voller Höhe besteuert.

Seit In-Kraft-Treten der Steuerreform hat dies dazu geführt, dass vermehrt so genannte „Cash“-GmbHs gegründet wurden. Hier kann durch Einbringung von z.B. Festgeldern in eine GmbH oder eine GmbH & Co.KG und die anschließende Übertragung von Gesellschaftsanteilen ein komplett erbschaft- bzw. schenkungsteuerfreier Vermögensübergang des Festgeldes erreicht werden.

BFH:  Steuerbegünstigungen verfassungswidrig

Der BFH hält diese Steuerbefreiungen in der seit 2009 geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) für verfassungswidrig, weil die dort vorgesehenen Steuervergünstigungen nicht durch ausreichende Sach- und Gemeinwohlgründe gerechtfertigt seien und einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang aufweisen.

Zur Klärung dieser Frage hat der BFH die Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Das Bundesverfassungsgericht wird sich also demnächst erneut mit der Frage zu beschäftigen haben, ob das ErbStG in der vorliegenden Form mit dem Grundgesetz in Einklang steht.

Es wäre außergewöhnlich, jedoch nicht ausgeschlossen, dass das Bundesverfassungsgericht das komplette ErbStG für verfassungswidrig erklärt, so dass auf dessen Grundlage überhaupt keine Erbschaftsteuer hätte festgesetzt werden können. Schließlich ist es dem Gesetzgeber bereits zweimal nicht gelungen, ein verfassungsgemäßes ErbStG vorzulegen.

Praxis-Tipp: Einspruch einlegen

Für die Praxis ergibt sich daraus, dass zwischenzeitlich ergehende Erbschaftssteuerbescheide unbedingt mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs angegriffen werden sollten.

Dies hat zur Folge, dass Sie Ihren Erbschaftsteuerbescheid zu Ihren Gunsten ändern lassen können, wenn sich durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine günstigere Erbschaftsteuer für sie ergeben würde.

Wenn sie den Erbschaftsteuerbescheid rechtskräftig werden lassen, steht Ihnen diese Möglichkeit nicht mehr zu. Darüber hinaus gibt es derzeit bereits Bestrebungen im Bundestag, wenigstens die Möglichkeit der Gründung der oben erwähnten „Cash“-GmbHs durch eine Gesetzesänderung bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2013 abzuschneiden.

Ich rate Ihnen deshalb, sich sachverständig beraten zu lassen, falls der oben geschilderte Sachverhalt auch bei Ihnen aktuell sein/werden könnte.