Zurückhalten eines Testaments ist strafbar

Rechtsstreit um das Erbe

Der Inhalt von Testamenten stößt nicht bei jedem auf Zustimmung, der sich nach dem Tod eines Verstorbenen Hoffnungen macht, durch den Erbfall begünstigt zu werden. Dies führt nicht selten dazu, dass aufgefundene Testamente vom überlebenden Ehegatten oder anderen Angehörigen, die das Testament auffinden, zurückgehalten, wenn nicht sogar still und heimlich „entsorgt“ werden. Was viele nicht nicht wissen: solches Verhalten ist strafbar.

Gesetzliche Ablieferungspflicht

Nach § 2259 Abs. 1 BGB ist jeder, der ein Testament in Besitz hat, das nicht in besondere amtliche Verwahrung gebracht ist, verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tode des Erblassers Kenntnis erlangt hatte, an das Nachlassgericht abzuliefern – so bitter der Inhalt des Testaments auch sein mag. Sei es der Ehegatte, der nach dem Tod seines erst verstorbenen Ehegatten feststellt, dass in einem früheren Testament, welches gemeinsam errichtet wurde, Verfügungen enthalten sind, die nicht mehr gewünscht sind oder sei es die Tochter, die den pflegebedürftigen Elternteil aufopferungsvoll betreut hat und nach dem Tod nunmehr feststellen muss, dass das andere Geschwisterteil in gleicher Höhe erben wird. Es sind Situationen, die den Besitzer des Testamentes dazu veranlassen können, durch Zurückhalten des Schriftstücks oder gar durch Zerstörung des Testamentes zu verhindern, dass die angeordnete erbrechtliche Wirkung eintritt.

Strafbarkeit

Dabei sollte man sich jedoch darüber im Klaren sein, dass man beim Verstoß gegen die Ablieferungspflicht sich eines strafrechtlichen Vergehens schuldig macht, was mit empfindlichen Strafen einhergehen kann. Das Strafgesetzbuch (StGB) bestimmt, dass derjenige, der eine Urkunde, welche ihm nicht gehört, in der Absicht, einem anderen einen Nachteil zuzufügen, vernichtet, beschädigt oder unterdrückt, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird.

Was ist abzuliefern?

Abzuliefern sind nach der gesetzlichen Regelung alle offenen sowie verschlossenen Schriftstücke mit erbrechtlichem Bezug, die nach ihrem Inhalt eine letztwillige Verfügung darstellen, auch wenn sie nicht als letztwillige Verfügung bezeichnet sind. Selbst Kritzeleien des Erblassers auf einer Postkarte mit Gedanken zum eigenen Tod und dessen Abwicklung sind als mögliche letztwillige Verfügung abzuliefern.

Liefert der Besitzer schuldhaft ein Testament nicht ab, macht er sich dadurch sogar schadensersatzpflichtig.

Verstoß führt zur Schadenersatzpflicht

Wie restriktiv die Gerichte die Ablieferungspflicht auslegen, ergibt sich aus folgendem Fall, den das Oberlandesgericht Brandenburg zu entscheiden hatte (Urteil vom 12.03.2008 – 13 U 123/07):
Der Lebensgefährte der Verstorbenen hatte nach dem Tode der Erblasserin (wohl unwissentlich) ein Testament, das diese mit ihrem vorverstorbenen Ehemann errichtet hatte, zusammen mit anderen Schriftstücken des Ehemanns in eine Kiste verpackt und von dem vormals gemeinsam mit der Erblasserin bewohnten Haus in den Keller seines jetzigen Wohnhauses verbracht.

Dabei wusste er auch, dass es sich um persönliche Unterlagen des vorverstorbenen Ehemanns seiner Lebensgefährtin gehandelt hat. Als er nach dem Tod der Erblasserin diese persönlichen Papiere und Schriftstücke in eine Kiste verpackte, wäre er nach Ansicht des Gerichts in zumutbarer Weise gehalten gewesen, diese persönlichen Unterlagen zu sichten. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte er die das Testament der Eheleute erkennen und auffinden müssen. Indem er diese sowohl gebotene als auch zumutbare Maßnahme unterließ, hat er als unmittelbarer Besitzer des Testaments die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt und damit zumindest fahrlässig gegen seine unverzügliche Ablieferungspflicht verstoßen.

An diesem Beispiel können Sie erkennen, wie wichtig es ist, sich mit den erbrechtlichen Vorschriften sachgerecht auseinanderzusetzen. Sie sollten demnach auch bei vermeintlich einfach gelagerten Fällen den rechtlichen Rat eines Erbrechtsexperten einholen.

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