Erbschaftsteuer verfassungswidrig – was ist jetzt zu tun?

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner langerwarteten Entscheidung vom 17. Dezember 2014 das Erbschaftsteuergesetz in der bestehenden Form in einzelnen Teilen für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat nunmehr Zeit bis zum 30.6.2016 ein verfassungsgemäßes Erbschaftsteuergesetz zu verabschieden. Welche Folgen sich aus der Entscheidung ergeben, beleuchtet der nachfolgende Beitrag.

Es ist vorwegzuschicken, dass die Entscheidung nicht bedeutet, dass die in der Vergangenheit auf Grundlage des bestehenden Erbschaftssteuergesetzes ergangenen Erbschaftssteuerbescheide alle verfassungswidrig wären. Aufgrund der Anhängigkeit des Rechtsstreits beim Bundesverfassungsgericht haben die Erbschaftsteuerstellen des jeweiligen Finanzamts die ergangenen Erbschaftsteuerbescheide ohnehin für vorläufig erklärt, so dass hiergegen kein Einspruch eingelegt werden musste.

Bestehende Begünstigungen verstoßen gegen Grundgesetz

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom Dezember festgestellt, dass die bestehende Begünstigung für geerbtes oder verschenktes unternehmerisches Vermögen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Im ErbStG ist vorgesehen, dass ein im Wege der Schenkung oder von Todes wegen erworbenes Unternehmens oder Unternehmensteile vollständig von der Schenkungsteuer bzw. Erbschaftsteuer befreit sind, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Im Gegenzug hat der Gesetzgeber die Steuerbefreiung gewährt, um zu verhindern, dass durch die Erhebung von Erbschaftsteuer auf den Wert des Unternehmens das Unternehmen mit Steuer belastet würde, deren Begleichung dem Unternehmen möglicherweise überhaupt nicht vorhandene finanziellen Mittel entzogen und die Steuerlast somit eine Existenzgefährdung des Unternehmens nach sich gezogen hätte.

Lohnsummenregelungen und Verwaltungsvermögensquote

Zwei der nach dem Gesetz zu erfüllenden Voraussetzungen hat das Verfassungsgericht als verfassungswidrig angesehen: zum einen handelte es sich dabei um die Einhaltung der Lohnsummenregelung, die es verhindern sollte, dass nach der Übertragung im erheblichen Umfang Arbeitnehmer entlassen oder deren Löhne gekürzt würden und zum anderen um die Voraussetzung einer bestimmten Quote des so genanntem unproduktiven Verwaltungsvermögens am Gesamtanteil des Unternehmens. Es sollten keine Unternehmen begünstigt werden, die nur in geringem Maße produzierend tätig sind.

Übergangsgeltung bis 30.06.2016

Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch gleichzeitig angeordnet, dass das ErbStG in der geltenden Form zunächst weitergilt, auch wenn es verfassungswidrig ist. Der Gesetzgeber ist indes  verpflichtet, bis spätestens 30. Juni 2016 ein verfassungsgemäßes Erbschaftsteuergesetz zu verabschieden.

Gestaltungsempfehlung

Da somit befürchtet werden muss, dass sich für Unternehmer die Erbschaft Rahmenbedingungen durch das neue Erbschaftsteuergesetz verschlechtern werden, ist in der verbleibenden Zeit zu überlegen, ob nicht bereits im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf Grundlage der derzeit bestehenden Regelung Unternehmensteile oder ganze Unternehmen übertragen werden sollen.

Es ist davon auszugehen, dass zukünftig die derzeit noch günstigen Voraussetzungen strenger gehandhabt werden, so dass z.B. auch Erwerber eines Unternehmens, das weniger als 20 Mitarbeiter hat, die Lohnsummenregelung einhalten müssen.

Unternehmer oder Gesellschafter eines Unternehmens, die sich mit dem Gedanken tragen, Geschäftsanteile oder das Unternehmen im Ganzen im Wege der Schenkung zu übertragen, sollten sich noch in diesem Jahr bei einem Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrecht rechtlichen Rat hierzu einholen.