Brennpunkte der Erbschaftsteuerreform

Zum 1. Januar 2009 hat der Gesetzgeber bekanntlich die Erbschaftssteuer reformiert. Es liegen nun die ersten Erfahrungen mit dem neuen Gesetz vor. In meinem Beitrag möchte ich Ihnen einige „Brennpunkte“ des neuen Erbschaftsteuerrechts in der gebotenen Kürze darstellen.

Bei Beiträgen zur Erbschaftsteuer ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass die Besteuerung nicht nur am Erwerb von Todes wegen ansetzt. Auch lebzeitige Schenkungen werden der Besteuerung unterworfen. Vollständig heißt das Gesetz nämlich „Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz“  (ErbStG).

Freibeträge

Die gute Nachricht vorneweg: im Eltern-Kind-Verhältnis sowie unter Ehegatten sind die vom Gesetzgeber eingeräumten Freibeträge meist ausreichend hoch, so dass es erst gar nicht zu einer Besteuerung der Erbschaft oder der Schenkung kommt: der Gesetzgeber gewährt dem Ehegatten grundsätzlich einen Freibetrag von 500.000 €, was bedeutet, dass eine wertmäßig darunterliegende Erbschaft beziehungsweise Schenkung unter Ehegatten vollkommen steuerfrei bleibt. Darüber hinaus wird dem Ehegatten bei einem Erwerb von Todes wegen ein weiterer Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256.000 € gewährt.

Kinder, Stiefkinder des Erblassers/Schenkers sowie Enkel, wenn die Kinder des Erblassers schon vorverstorben sind, können immerhin noch einen Freibetrag von 400.000 € beanspruchen.

Problem1: Erwerb von Geschwistern

Steuerrechtlich problematisch sind jedoch in der Praxis die Fälle, in denen die Erbschaft beziehungsweise Schenkung außerhalb des engsten Familienkreises landen soll. Der Gesetzgeber hat mit der Steuerreform nämlich hauptsächlich den Schutz der Familienmitglieder, die in gerader Linie miteinander verwandt sind, gestärkt. Bereits bei Geschwistern beträgt der Freibetrag nur noch 20.000 €. Die im Jahr 2009 noch vorgesehene Besteuerung mit mindestens 30 % des darüberhinausgehenden Betrags wurde auf heftige Kritik zum 1. Januar 2010 abgemildert, so dass abzüglich des Freibetrags von 20.000 € die Besteuerung beim Erwerb von Geschwistern mit einem Steuersatz von 15 % beginnt.

Wenn man sich jedoch den gewährten Freibetrag für Geschwister ansieht, wird deutlich, dass Geschwister letztlich steuerlich so behandelt werden, wie wenn die Erbschaft/Schenkung an den Tierschutzbund oder einen fremden Dritten erfolgt, der einem beim abendlichen Bier an der Theke gegenübersitzt. Auch diese können einen Freibetrag von 20.000 € in Anspruch nehmen.

Problem2: Erwerb vom Lebensgefährten

Noch problematischer sind jedoch die Fälle, in denen der/die Partner/in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vom Erblasser bedacht werden soll.

Diese Erwerbe unterfallen grundsätzlich der steuerungünstigsten Steuerklasse III, was dazu führt, dass der Lebensgefährte/die Lebensgefährtin ebenfalls nur einen Freibetrag von 20.000 € in Anspruch nehmen kann. Darüber hinaus wird der dann verbleibende Erwerb aber mit jedem weiteren Euro bereits mit 30 % besteuert.

Beispiel:

Herr A und Frau B leben seit 20 Jahren glücklich in einer Lebensgemeinschaft zusammen. Da A bereits eine gescheiterte Ehe hinter sich hat, ist das Thema Heiraten kein Thema mehr. Aus seiner Ehe ist der Sohn S hervorgegangen. Herr A hat sich jedoch mit S überworfen. Er setzt daher seine Lebensgefährtin B zur Alleinerbin ein. Im Jahr 2011 verstirbt A und hinterlässt B ein  Einfamilienhaus im Wert von 150.000 € sowie verschiedene Sparbücher im Gesamtwert von  40.000 €.

Es ergibt sich dann folgende Steuerberechnung:

Wert der Erbschaft: 190.000,00 €
./. Freibetrag: 20.000,00 €
steuerpflichtiger  Erwerb: 170.000,00 €
darauf anzuwendende Steuer (30 %) 51.000,00 €
es verbleiben 119.000,00 €

Schlimm genug, dass 51.000 € an das Finanzamt zu zahlen sind. Im vorliegenden Fall dürfte es ein noch größeres Problem für B werden, die 51.000 € aufzubringen. Das Sparvermögen von A in Höhe von 40.000,00 € wäre dann bereits aufgebraucht. Wenn die überlebende Lebensgefährtin kein eigenes Vermögen hat, muss sie möglicherweise das Anwesen verkaufen, um die restliche Steuer an das Finanzamt zahlen zu können. Nur am Rande: dass der Sohn S wahrscheinlich Pflichtteilsansprüche gegen sie geltend machen wird, wird B sicherlich nicht glücklicher machen.

In der Praxis leider kein seltener Fall.

Wenn Sie also befürchten, dass die steuerlichen Freibeträge bei einem Erbfall oder einer Schenkung innerhalb Ihrer Familie nicht ausreichen, sollten Sie sich unbedingt rechtzeitig von einem Steuer-Fachanwalt über Gestaltungsmöglichkeiten informieren lassen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf unsere „Kanzlei-App“ hinweisen, die Sie kostenlos über den itunes-Store von apple beziehen und auf Ihrem iPhone, iPad oder iPod touch installieren können. Die App beinhaltet u.a. einen Erbschaftsteuerrechner und aktuelle Beiträge zu den Rechtsgebieten Erbrecht, Steuern und Scheidungen.

Der Autor: Rechtsanwalt Andreas Abel ist Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht.  Er bearbeitet schwerpunktmäßig Mandate im Erbrecht und Steuerrecht, insbesondere betreut er in der Fachanwaltskanzlei Wagner | Abel  die Gestaltung von Testamenten,  Unternehmensnachfolgen, Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten.

E-Mail: abel@erbrecht-saar.de