Böses Erwachen beim Grunderwerbsteuerbescheid für „Häuslebauer“

Ein aktueller Fall in unserer Kanzlei zeigt, dass das Finanzamt von Grundstückskäufern die Grunderwerbsteuer oft fälschlich nicht nur aus dem Kaufpreis für das Grundstück berechnet, sondern den Wert des Gebäudes, das unmittelbar im Anschluss an den Grundstückskauf von einem Unternehmer errichtet wird, der dem Lager des Verkäufers zuzurechnen ist, pauschal mithinzurechnet. Diese Auffassung der Finanzämter ist häufig falsch. Die Festsetzung der daraufhin um ein Vielfaches erhöhten Grunderwerbsteuer muss mit dem Einspruch angegriffen werden.

In der Praxis geht es um folgende Fälle: der Grundstückskäufer erwirbt ein Grundstück durch notariellen Kaufvertrag. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Kaufvertrag schließt der Grundstückkäufer mit einem Bauunternehmen den Vertrag, das Gebäude auf dem Grundstück zu errichten. Das Bauunternehmen steht in irgendeiner Art und Weise dem Grundstücksverkäufer nahe. Das Finanzamt unterstellt dann häufig pauschal, dass der Grundstückskäufer aus der Hand des Verkäufers nicht nur das Grundstück, sondern direkt das bebaute Grundstück erworben hat, was dazu führt, dass die Grunderwerbsteuer nicht nur aus dem Kaufpreis für das Grundstück, sondern aus dem Kaufpreis für das Grundstück zuzüglich des Preises für die Errichtung des Gebäudes berechnet und entsprechend gegenüber den Grundstückskäufern festgesetzt wird.

Diese Auffassung ist grundsätzlich richtig, wenn ein einheitlicher Erwerbsvorgang zwischen dem Erwerb des Grundstücks und der Verpflichtung zur Errichtung eines Gebäudes auf eben diesem Grundstück vorliegt.

Ein rechtlicher Zusammenhang zwischen zwei oder mehreren Verträgen ist allerdings ohne ausdrückliche Bestandsverknüpfung nur dann gegeben, wenn die Vereinbarungen nach dem Willen der beteiligten Parteien derart voneinander abhängen, dass sie miteinander „stehen und fallen“. Dabei ist es ausreichend, wenn nur eine der beteiligten Parteien diesen Einheitswillen erkennen lässt und die andere Partei dies anerkennt oder zumindest hinnimmt (BFH v. 12. 12. 1981, II R 124/79, BStBl II 1982, 330; v. 23. 6. 1982, II R 155/80, BStBl II 1982, 741.)

Ein einheitlicher Erwerbsvorgang kann also dann unterstellt werden, wenn der Erwerber des Grundstücks (spätestens) mit Abschluss des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über die Bebauung und die Art der Bebauung aufgrund des Vorliegens eines Bebauungskonzepts zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis gegenüber der Veräußererseite – auf der auch mehrere zusammenwirkende Personen stehen können – nicht mehr frei gewesen wären (BFH v. 10. 8. 1994, II R 33/91, BFH/NV 1995, 337.)

Die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstandes „bebautes Grundstück“ setzt des weiteren voraus, dass entweder der Veräußerer selbst oder ein mit ihm zusammenwirkender Dritter dem Erwerber gegenüber verpflichtet ist, den tatsächlichen Grundstückszustand zu verändern, d.h. das Grundstück zukünftig in einen bebauten Zustand zu versetzen. Beim Erwerb eines Hausbausatzes vom Grundstücksverkäufer kann deshalb nur dann das mit dem Bausatzhaus bebaute Grundstück einheitlicher Erwerbsgegenstand sein, wenn der Grundstücksveräußerer auch zur Aufstellung und Montage der Bausatzteile auf dem Grundstück verpflichtet ist (BFH v. 27.10.2004, II R 12/03, BFHE 208, 51, BStBl II 2005, 220)

Hinzukommen muss für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsvorgangs nach der insoweit eindeutigen Rechtsprechung des BFH ein sachlicher Zusammenhang, der nur dann vorliegt, wenn der Erwerber sozusagen aus der Hand des Veräußerers ein Grundstück erwirbt, bei dem dieser oder mit ihm im Zusammenhang stehende Dritte auch zur Errichtung eines Gebäudes verpflichtet wurden, so dass die Verpflichtung zum Erwerb des Grundstücks und des darauf zu errichtenden Gebäudes rechtlich als „aus einer Hand“ anzusehen ist.

Wenn die Rechtsprechung von „Veräußererseite“ spricht, setzt dies eine personelle oder wenigstens juristische Übereinstimmung zwischen Veräußerer des Grundstücks und Erbauer des Gebäudes darauf voraus.

Insoweit ist der BFH eindeutig:

„Ist das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages tatsächlich unbebaut, kann es der Erwerber nur dann von der Veräußererseite als „bebaut“ erhalten, wenn nach den getroffenen Vereinbarungen entweder der Veräußerer selbst oder ein mit ihm im zusammenwirkender Dritter dem Erwerber gegenüber verpflichtet ist, den tatsächlichen Grundstückszustand zu verändern, das heißt das Grundstück zukünftig in einen bebauten Zustand zu versetzen. Dies erfordert neben dem Abschluss des Grundstückskaufvertrages auch den Abschluss eines Bauvertrages mit der Veräußererseite; diese muss zivilrechtlich zu Übereignung und Bebauung verpflichtet sein (BFH vom 25.10.2004, BStBl II 2005, 220).“

Für einen solchen engen sachlichen Zusammenhang zwischen den Verträgen wäre Voraussetzung, dass die auf der Veräußererseite beteiligten Personen wirtschaftlich, personell oder gesellschaftsrechtlich eng miteinander verbunden sind, wenn also beispielsweise die beteiligten Gesellschaften identische Geschäftsführer oder identische (beherrschende) Gesellschafter hätten (BFH v. 21. 4. 1999, II R 29/98, BFH/NV 1999, 1507.)

Besteht zwischen den Beteiligten auf der Veräußererseite keine derartige Verflechtung, so ist Voraussetzung für das Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands, dass die Personen bei der Veräußerung zusammenarbeiten und durch für den Erwerber objektiv erkennbares abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss sämtlicher Verträge hinwirken (BFH v. 11. 5. 1994, II R 62/91, BFH/NV 1994, 901).

Der Autor: Rechtsanwalt Andreas Abel ist Fachanwalt für Steuerrecht.  Er bearbeitet schwerpunktmäßig Mandate im Erbrecht und Steuerrecht, insbesondere betreut er in der Fachanwaltskanzlei Wagner | Abel  die Gestaltung von Testamenten,  Unternehmensnachfolgen, Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten.

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